Verkalkte Arterien, Grauer Star, Nierenversagen – Kinder mit dem Cockayne Syndrom haben schon in jungen Jahren massive Alterserscheinungen. Eine Heilung gibt es bisher nicht, das Leben der Betroffenen endet früh. Dank der Forschung von Professor Björn Schumacher könnte den kleinen Patientinnen und Patienten zukünftig geholfen werden.
Was hat ein winziger Fadenwurm mit uns Menschen zu tun? Eine ganze Menge! Das Tierchen ist genetisch bis zu 60 Prozent mit uns vergleichbar und durchläuft die gleichen Alterungsprozesse wie wir. Zunutze machte sich das der Biologe Professor Björn Schumacher vom CECAD Exzellenzcluster für Altersforschung der Universität zu Köln. Mit seinem Team untersuchte er die Tiere und sammelte dabei wichtige Erkenntnisse, wie man Patientinnen und Patienten mit dem Cockayne Syndrom zukünftig behandeln könnte. Dafür wurde er im Jahr 2019 den Eva Luise Köhler Forschungspreis für Seltene Erkrankungen ausgezeichnet.
Die Krankheit
Das Cockayne Syndrom (CS) ist eine sehr seltene Erbkrankheit. Schätzungen zufolge ist eines von rund 200.000 Neugeborenen in Europa jährlich davon betroffen. Der Erkrankung liegt ein Gendefekt zugrunde: Mechanismen, die für die DNA-Reparatur nötig sind, funktionieren nicht. Doch darauf sind wir angewiesen. Denn unser Erbgut wird an jedem Tag zehntausende Male beschädigt und wieder repariert. Kinder mit CS, denen diese Reparaturmechanismen fehlen, entwickeln diverse Symptome: Tiefe Falten im Gesicht und dünnes Haar, verkalkte Arterien, Katarakte (Grauer Star) und Neurodegeneration. Eine Heilung des Gendefekts gibt es aktuell nicht, noch nicht einmal eine Behandlung. Die meisten Kinder erreichen das Erwachsenenalter nicht.
Die Forschung
Wenn Fadenwürmer die gleiche Mutation in sich tragen wie Menschen mit dem Cockayne Syndrom, hat das auch ganz ähnliche Auswirkungen. Professor Björn Schumacher nutzte dies, um in Modellversuchen zu erforschen, warum der Gendefekt überhaupt zu vorzeitigem Altern führt. Eine Erkenntnis: Der fehlende Reparaturmechanismus und die dadurch bleibenden Schäden in der DNA sorgen dafür, dass die Zellen mit einer komplexen Signalkette reagieren. An deren Ende sterben die Zellen. Der Körper kann sich dann nicht entwickeln und verliert seine Funktionsfähigkeit. „Wenn wir diesen Signalweg hemmen, könnte der Organismus trotz des Gendefekts überleben“, erklärt der Biologe. „Die Hemmung könnte also das Leben verlängern und die Gesundheit erhalten.“
Die Zukunft
Die Hoffnung des Teams rund um Professor Björn Schumacher ist es, aus diesen Erkenntnissen eine medikamentöse Therapie zu entwickeln, die den kleinen Patientinnen und Patienten hilft, länger zu überleben. Entsprechende klinische Studien sollen nun vorangetrieben werden. „Ich denke, dass wir in den nächsten Jahren schon wichtige Schritte weiter sind“, sagt Schumacher und betont: „Natürlich handelt es sich beim Cockayne-Syndrom um eine sehr seltene Erkrankung, aber die Forschung dazu bringt uns stetig neue Erkenntnisse auch zu Alterungsprozessen im Allgemeinen. Von der Wissenschaft rund um Seltene Erkrankungen können wir also alle profitieren. Das sollte uns bewusst sein.“