Bei FOP-Betroffenen verknöchern nach und nach die Muskeln und Sehnen. Der sehr seltene Gendefekt ist bisher nicht behandelbar und hat eine schlechte Prognose. Zwei Forscherinnen haben einen neuen Therapieansatz entwickelt, der das Knochenwachstum hemmen könnte. Dafür erhielten sie im Jahr 2020 den Eva Luise Köhler Forschungspreis für Seltene Erkrankungen.
Es kann von jetzt auf gleich passieren: Aus Sehnen und Muskeln werden Knochen. Für Menschen mit der sehr seltenen Krankheit Fibrodysplasia ossificans progressiva (FOP) ist das eine tägliche Bedrohung. Früher oder später werden sie immer steifer und unbeweglicher. Wie lassen sich diese Knochenwachstumsschübe stoppen? Professorin Dr. Martina Rauner und PD Dr. Ulrike Baschant von der Medizinischen Fakultät der TU Dresden haben eine mögliche Antwort gefunden.
Die Krankheit
Fibrodysplasia ossificans progressiva (FOP) ist eine sehr schwere genetische Erkrankung, von der weltweit nur rund 800 Menschen betroffen sind. Das erste typische Anzeichen ist eine Fehlbildung an den Großzehen, die bereits bei der Geburt besteht. Entdeckt und diagnostiziert wird FOP dann aber häufig erst im Jugendalter. Bei den betroffenen Patientinnen und Patienten verknöchern nach und nach Muskeln und Sehnen. Das kann nach einem Infekt oder einer Verletzung passieren – manchmal aber auch ohne erkennbaren Grund. Die neu gebildeten Knochenstücke sorgen für Schmerzen und Bewegungseinschränkungen. Die meisten Menschen mit FOP sind im Alter von ungefähr 30 Jahren bereits bettlägerig und versterben um das 40. Lebensjahr herum – häufig an Atemproblemen. Bislang gibt es keine Behandlung, die Betroffenen ihr Leid ersparen oder sie heilen kann. Deshalb steht derzeit die Prävention im Vordergrund. Das heißt, Patientinnen und Patienten sollen bestmöglich vor Stürzen, Verletzungen und Infektionen geschützt werden.
Die Forschung
Professorin Dr. Martina Rauner und PD Dr. Ulrike Baschant von der Medizinischen Fakultät der TU Dresden haben einen neuen Therapieansatz erforscht und entwickelt, mit dem die fortschreitende Verknöcherung gezielt gehemmt werden könnte. Im Fokus steht dabei ein Eiweißmolekül namens Transferrinrezeptor-2 (Tfr2), das eigentlich für den Eisenstoffwechsel im Körper verantwortlich ist. Dank der Forschung der beiden Wissenschaftlerinnen stellte sich heraus: Es kann noch mehr, nämlich das überschießende Knochenwachstum aufhalten. Dieser Effekt ließ sich bereits in Maus-Modellen nachweisen. Aus dieser Erkenntnis heraus könnte in Zukunft ein neues Medikament entwickelt werden, das – als Tablette verabreicht oder auch als Lösung injiziert – Krankheitsschübe bei Betroffenen verhindert.
Die Zukunft
Damit Patientinnen und Patienten zukünftig von dem neuen Therapiekonzept profitieren können, müsste es im nächsten Schritt in einer klinischen Studie auf Herz und Nieren geprüft werden. Denn nur wenn seine Wirksamkeit und Sicherheit nachgewiesen werden können, wird ein entsprechendes Medikament zugelassen. Erste Anläufe, eine solche Studie in Zusammenarbeit mit einem Unternehmen durchzuführen, gab es bereits. Letztlich konnte das Vorhaben jedoch noch nicht in die Tat umgesetzt werden. Professorin Dr. Martina Rauner: „Wir würden uns sehr freuen, eine neue Kooperation zu finden, um die wichtige Forschung für FOP-Betroffene weiter voranzutreiben.“