Prof. Dr. Angela Schulz, UKE Hamburg: NCL research – Progress and Challenges

Prof. Dr. Angela Schulz gab einen Einblick in den aktuellen Stand der Forschung und die Chancen neuer Therapien für Kinder mit neurodegenerativen Erkrankungen, auch Kinderdemenz genannt. Sie hat die deutschlandweit erste Clinician Scientist-Professur für Seltene Erkrankungen inne, die 2024 gemeinsam von der Eva Luise und Horst Köhler Stiftung für Menschen mit Seltenen Erkrankungen und der Else Kröner-Fresenius-Stiftung ausgeschrieben worden war. In ihrem Vortrag zeigte Professorin Schulz eindrucksvoll, wie translational orientierte Forschung die Versorgung voranbringen kann: durch systematische Datenerhebung zu natürlichen Krankheitsverläufen, neue Biomarker wie Neurofilament light chain (NfL) oder computergestützte Verfahren zur Beurteilung von Therapieeffekten.
Auch die Entwicklung innovativer Gentherapien – etwa durch neuartige AAV-Kapsiden – zeigt den Fortschritt in einem Feld auf, das lange als therapeutisch kaum zugänglich galt. Besonderes Augenmerk legte Angela Schulz auf die Bedeutung früher Diagnose: „Wir brauchen valide Daten, verlässliche Biomarker und vor allem den Mut, neue Wege frühzeitig zu gehen. Nur so können wir verhindern, dass wertvolle Zeit im Leben betroffener Kinder verloren geht“. Mit einem laufenden Pilotprojekt zum Neugeborenenscreening auf CLN2 wird dieser Ansatz derzeit konkret erprobt – ein möglicher Türöffner für präsymptomatische Therapien.
Der Auftakt der Session war ein starkes Plädoyer für integrierte Forschung, frühes Handeln und für eine gemeinsame Verantwortung, die sich nicht in Disziplin- oder Sektorgrenzen erschöpfen darf.
Dr. Frank Stehr, NCL Stiftung: Research Initiation and Networking for NCL: Strategies and Successes

Daran knüpfte Dr. Frank Stehr an, der als Vorstand der NCL-Stiftung eindrucksvoll die Bedeutung zivilgesellschaftlicher Impulse für die Forschung aufzeigte. Seit über zwei Jahrzehnten treibt die Stiftung die Erforschung der Kinderdemenz mit klarer Strategie, langem Atem und messbarem Erfolg voran: Mehr als 60 Forschungsprojekte wurden initiiert, über 7 Millionen Euro in Forschung investiert, neue Netzwerke geknüpft und internationale Nachwuchstalente gezielt gefördert.
„Damit das Mögliche entsteht, muss immer wieder das Unmögliche versucht werden.“ Mit diesem Zitat von Hermann Hesse unterstrich Stehr, was sein Vortrag eindrucksvoll belegte: Dass es oftmals das vermeintlich Unmögliche ist, das – mit Engagement und Ausdauer – den Weg für das Machbare bereitet.
Vor diesem Hintergrund machte er deutlich, dass Stiftungen weit mehr sein können als reine Geldgeber: Sie identifizieren Forschungsbedarfe, verbinden Akteure und setzen Impulse, etwa durch Bildungsangebote, medizinische Fortbildungen und gezielte Aufklärung. So entsteht ein dichtes Netz an Wissen und Aufmerksamkeit – eine Voraussetzung für frühe Diagnosen und gezielte Therapien.
Fest steht: Viele der heutigen Fortschritte in der NCL-Forschung wären ohne den Einsatz betroffener Familien nicht denkbar. Sie sind es, die Forschung antreiben, Lücken sichtbar machen und unermüdlich für Aufmerksamkeit kämpfen, oft lange bevor Politik oder Wissenschaft reagieren. „Familien sind der Motor der Forschung zu Seltenen Erkrankungen“, fasste Dr. Frank Stehr zusammen. Für die NCL-Stiftung ist dies nicht nur ein schmückender Leitsatz, sondern gelebte Realität.
Dr. Christian Thulfaut (NCL-Gruppe Deutschland): A Family Perspective on living with NCL

Was das konkret bedeutet, zeigte im Anschluss Dr. Christian Thulfaut. Als betroffener Vater gab der Vorsitzende der Patientenorganisation NCL-Gruppe Deutschland einen sehr persönlichen und berührenden Einblick in das Leben mit einer Seltenen Erkrankung, die früh zu Tod der betroffenen Patienten führt, und in die Fragen, die sich Familien stellen, wenn Diagnose, Therapie und Alltag aufeinandertreffen.
Anhand seiner eigenen Familiengeschichte – drei der fünf Kinder von seiner Frau Andrea und ihm leben mit CLN3 – machte Christian Thulfaut deutlich, wie tiefgreifend die fortschreitende lebensverkürzende Erkrankung das gesamte Leben der Familie betrifft: Wohnsituation, Partnerschaft, Geschwisterbeziehungen, Beruf – nichts bleibt unberührt.
Dabei geht es nicht nur um medizinische Versorgung, sondern auch um alltägliche Organisation, emotionale Belastungen und das ständige Ringen um Normalität. „NCL ist wie die Tour de France“, so Thulfaut, „voller Steigungen, Sprints und Pausen – man muss in Etappen denken, aber das ganze Rennen im Blick behalten. Und man braucht ein starkes Team.“
Sein Vortrag war ein eindrücklicher Appell, Familien als zentrale Akteure in der Versorgung wahrzunehmen. Und zwar nicht nur als Betroffene, sondern als Expertinnen und Experten ihres Alltags. Denn sie tragen nicht nur die Last der Erkrankung, sondern auch viele der Lösungen, die das System dringend braucht.
Einblicke in die einzelnen Sessions des 9. Rare Disease Symposiums finden Sie hier:
Keynote: „Unlocking the Secrets of Rare Diseases: How Precision Medicine is Turning Discovery into Hope“
Session 2: Unlocking the Power of Data in Rare Diseases
Session 3: Spotlight Talks: Cutting-Edge Developments – Recognizing, Understanding and Treating Rare Diseases
Session 4: Looking ahead: Visions and Advances for Tomorrow’s Healthcare of Rare Diseases
Fotos: Andrea Katheder
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