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Alliance4Rare

Junior Clinician Scientists im Porträt: Dr. Ruth Maria Urbantat, Charité – Universitätsmedizin Berlin

Das Forschungsnetzwerk Alliance4Rare investiert nicht nur in Forschungsprogramme, sondern durch Clinician/ Medical Scientist Programme auch in den dringend benötigten wissenschaftlichen Nachwuchs. Hier stellt Dr. Ruth Maria Urbantat/ Charité – Universitätsmedizin Berlin sich und ihre Arbeit vor.

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Seltene Erkrankungen betreffen in acht von zehn Fällen Kinder und Jugendliche. Ihre Teilhabe am medizinischen Fortschritt hängt daher ganz entscheidend von engagierten Pädiaterinnen und Pädiatern ab, die sich dem Spagat zwischen Krankenbett und Labor mit Hingabe stellen. Um forschende Kinderärztinnen und -ärzte auf diese anspruchsvolle Aufgabe vorzubereiten und ihnen die nötigen Freiräume für wissenschaftliches Arbeiten auf hohem Niveau zu verschaffen, setzt das von der Eva Luise und Horst Köhler Stiftung initiierte Forschungsnetzwerk Alliance4Rare unter anderem auch auf strukturierte Clinician und Medical Scientist Programme (CS4RARE). Diese ermöglichen den Teilnehmenden geschützte Forschungszeiten, in denen sie von klinischen Aufgaben freigestellt wissenschaftliche Projekte zu Seltenen Erkrankungen vorantreiben können.

Liebe Frau Dr. Urbantat, Sie sind für das Junior Clinician Scientist-Programm der Alliance4Rare, gefördert von der Eva Luise und Horst Köhler Stiftung und der Berliner Sparkassenstiftung Medizin ausgewählt worden. Was hat Sie motiviert, diesen besonderen Weg in Wissenschaft und Klinik einzuschlagen?

Bereits im Medizinstudium hat mich das Spannungsfeld zwischen translationaler Forschung und klinischer Tätigkeit fasziniert. Deshalb war für mich klar, dass ich diese beiden spannenden Gebiete beruflich miteinander verbinden möchte. Im klinischen Alltag wurde mir zudem schnell bewusst, wie viele Fragen in Hinsicht auf die Pathomechanismen, die Diagnostik, die Therapie und auch den Krankheitsverlauf von Seltenen Erkrankungen noch offen sind. Das hat mich einerseits neugierig gemacht und andererseits angespornt, einigen dieser Fragen auf den Grund zu gehen. Sie lassen sich oft nur in interdisziplinärer Zusammenarbeit von Grundlagenwissenschaftler:innen und Ärzt:innen klären. Auch das motiviert mich, in meiner Position als Clinician Scientist die Brücke vom Labor zur Klinik herzustellen und umgekehrt, denn: Nur gemeinsam können wir die medizinische Versorgung von Menschen mit seltenen Erkrankungen verbessern.

Woran arbeiten Sie momentan und was möchten Sie im Bereich der Seltenen Erkrankungen erreichen?  

Ich arbeite aktuell an der Charité – Universitätsmedizin Berlin in der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie, Immunologie und Intensivmedizin und bin in der Weiterbildung zur Kinder- und Jugendärztin. Ich beschäftige mich mit der Primären CIliären Dyskinesie (PCD). Das ist eine genetisch bedingte, chronisch progressive muko-obstruktive Lungenerkrankung, bei der die Flimmerhärchen in den oberen und unteren Atemwegen (und häufig auch in anderen Organen) nicht richtig funktionieren. Etwa einer von 7500 Menschen hat eine PCD. Die Betroffenen haben täglich mit feuchtem Husten und oft auch chronischem Schnupfen und Hörproblemen zu kämpfen.

Inzwischen sind über 50 Gene bekannt, die eine PCD verursachen können, somit ist es eine sehr heterogene Gruppe. Die krankheitsverursachenden Mechanismen sind noch nicht gut verstanden. In der Spezialsprechstunde für PCD, die Teil des Berliner Centrum für Seltene Erkrankungen (BCSE) ist, diagnostizieren, behandeln und beraten wir diese Patientinnen und Patienten. Aktuell gibt es noch keine ursächlichen Therapie für Menschen mit PCD. Ziel meines Forschungsprojektes ist es, zunächst die komplexen Krankheitsmechanismen der PCD und den Einfluss der unterschiedlichen Gene zu verstehen und davon dann mögliche neue Therapieansätze abzuleiten. Dafür nutze ich patienteneigene Flimmerhärchenkulturen (Nasenepithelzellkulturen), anhand derer wir ein  „Avatar“ der Atemwege im Labor imitieren können. Dafür habe ich in den letzten zwei Jahren verschiedene Methoden etabliert, um die Funktion der Flimmerhärchen anhand dieser „Avatare“ zu untersuchen und zudem eine Biobank mit Flimmerepithelzellen von Menschen mit PCD aufgebaut. Dadurch lassen sich mögliche neue Therapieansätze auch in der Zukunft individuell im Sinne einer personalisierten Medizin im Labor untersuchen.

Welche Möglichkeiten eröffnet Ihnen die Förderung durch die Alliance4Rare im Arbeitsalltag, die Sie sonst nicht hätten?

Die Förderung durch die Alliance4Rare ermöglicht es mir zum einen, mit einem Bein in der Klinik und mit dem anderen Bein im Labor zu stehen und somit mein Forschungsprojekt – fest integriert und verzahnt mit meiner Weiterbildung zur Kinderärztin – voran zu treiben. Und zum anderen bietet die Förderung eine Vernetzung und einen Austausch mit anderen Forschenden in der Alliance4Rare.

Ruth Maria Urbantat hat Humanmedizin an der Charité – Universitätsmedizin Berlin und der Medizinischen Universität Wien studiert. Während ihres Studiums war sie in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Peter Vajkoczytätig, wo sie im Rahmen ihrer Promotion ein 3D-Zellkulturmodell zur Untersuchung der Neubildung von Gefäßen im Glioblastom, einem bösartigen Hirntumor, entwickelte. Ein Auslandsaufenthalt führte sie 2018 an die University of Toronto (Kanada), wo sie an der Keenan Research Summer School teilnahm. Seit Juni 2021 befindet sich Ruth Maria Urbantat in der Weiterbildung zur Kinder- und Jugendärztinan der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie, Immunologie und Intensivmedizin der Charité. Sie ist Teil der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Marcus A. Mall und betreut Kinder und Jugendliche mit Primärer Ciliärer Dyskinesie (PCD).

Foto: Christian Lietzmann (CHL PhotoDesign)

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