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Filmporträts

Der Glücksfall ihres Lebens

Vieles im Leben ist Zufall. Dass Ann-Christin am Leben ist, verdankt sie einer Reihe von glücklichen Fügungen, der Aufmerksamkeit einer Labormitarbeiterin und der Beharrlichkeit zweier Forscher, die nicht ruhen, ehe sie eine Behandlung für den todkranken Säugling finden. Heute - sieben Jahre später - ist Ann-Christin kein gesundes, aber ein glückliches Kind: Auf die liebevollen Scherze von Ivonne Möller reagiert sie fröhlich glucksend und mit ihrem Talker zeigt sie immer öfter, wie schelmisch es in ihrer Gedankenwelt zugeht.

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Die kleine Ann-Christin ist erst wenige Monate alt, da empfehlen die Ärzte den verzweifelten Eltern, sich auf das Schlimmste gefasst zu machen. „Sie war zu dem Zeitpunkt eigentlich nicht mehr lebensfähig“, erinnert sich ihre Mutter an die schwere Zeit vor sieben Jahren: „Sie war nur noch eine lebendige Puppe, hat auf nichts mehr reagiert und ständig gekrampft.“

Ann-Christin liegt damals in der Uniklinik Münster, wo sie wegen vermeintlich neurologischer Störungen untersucht wird. Beim Bluttest kreuzt eine Krankenschwester aus Versehen eine Analyse an, die für Neurologen eigentlich irrelevant ist. So landet die Blutprobe bei Marianne Grüneberg, einer Laborassistentin im Stoffwechsel-Team. Weil der erfahrenen Laborantin merkwürdige Werte auffallen und die Probe nicht von „ihrer“ Station kommt, macht sie ihren Chef, Prof. Dr. Thorsten Marquardt, auf das Kind aufmerksam.

Dieser gilt als ausgewiesener Experte für angeborene Störungen des Stoffwechsels und eilt sofort auf die neurologische Kinderstation. An das erste Zusammentreffen mit dem schwerkranken Säugling erinnert sich der vierfache Vater noch genau: „Ich habe ja schon einiges erlebt in dreißig Jahren Kinderheilkunde, aber das war für mich schwer auszuhalten.“

Familie Möller

Das Mädchen leidet unter extremen epileptischen Anfällen, die auch durch Medikamente nicht zu durchbrechen sind. Ann-Christin sieht nichts mehr, hört nichts mehr und muss über eine Sonde ernährt werden. Jede Berührung kann dazu führen, dass es erneut zu einem Anfall kommt, dass der Atem des Babys aussetzt, dass es stirbt. Und es ist vollkommen unklar, was ihr Leben zerstört.

Immerhin gab es nun „eine biochemische Spur“, die, wie Marquardt es ausdrückt, ähnlich einem „Tatort in einem Kriminalfall“ zu lesen sei. Zusammen mit seinem Doktoranden Julien Park macht er sich auf die Suche nach der Ursache für Ann-Christins Probleme im Galaktose-Stoffwechsel.

Mit unendlich viel Einsatz, Ideenreichtum und Beharrlichkeit gelingt es den beiden Wissenschaftlern, eine Diagnose zu stellen und eine bis dahin noch unbekannte Krankheit zu entdecken. Damit ist allerdings nur die erste Etappe bewältigt. Was fehlt, ist noch immer eine Therapie. Die Forscher vernetzen sich mit Kollegen aus ganz Deutschland. Sie schicken Blutproben bis nach Japan und telefonieren mit Wissenschaftlern in den USA. Mehrere Therapieversuche scheitern. Um zu einem Durchbruch zu gelangen, bedarf es wiederum eines Zufalls: Professor Marquardt lernt auf einem Kongress in Frankreich einen Kollegen kennen, der an Mäusen forscht, die just das gleiche Problem haben wie seine kleine Patientin.

Als ursächlich kann ein gestörter Mangantransport dingfest gemacht und durch eine Substitution des Spurenelements behandelt werden. Dass der entscheidende Hinweis rechtzeitig kam, darf dabei durchaus als die nächste glückliche Fügung verstanden werden. Möglich wurde Ann-Christins Rettung aber letztlich nur deshalb, weil das gesamte Team jederzeit bereit war, „eine Extrameile zu gehen“.

„Das ist eine echte Wahnsinnsgeschichte – mit wie vielen Menschen auf der Welt die beiden zusammengearbeitet haben, auch wieviel Gedankenzüge sie hatten“, sagt Ivonne Möller. „Ann-Christin hat es nur geschafft, weil diese beiden gesagt haben: Wir gehen auf die Reise und wir schauen, was sie hat. Solche Ärzte muss man erstmal finden!“

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