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Alliance4Rare

Clinician Scientists im Porträt: Dr. Steffen Köhne, Universitätsmedizin Göttingen

Das Forschungsnetzwerk Alliance4Rare investiert nicht nur in Forschungsprogramme, sondern durch Clinician/ Medical Scientist Programme auch in den dringend benötigten wissenschaftlichen Nachwuchs. Hier stellt Dr. Steffen Köhne/ Universitätsmedizin Göttingen sich und seine Arbeit vor.

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Porträtfoto Dr. Steffen Köhne

Seltene Erkrankungen betreffen in acht von zehn Fällen Kinder und Jugendliche. Ihre Teilhabe am medizinischen Fortschritt hängt daher ganz entscheidend von engagierten Pädiaterinnen und Pädiatern ab, die sich dem Spagat zwischen Krankenbett und Labor mit Hingabe stellen. Um forschende Kinderärztinnen und -ärzte auf diese anspruchsvolle Aufgabe vorzubereiten und ihnen die nötigen Freiräume für wissenschaftliches Arbeiten auf hohem Niveau zu verschaffen, setzt das von der Eva Luise und Horst Köhler Stiftung initiierte Forschungsnetzwerk Alliance4Rare unter anderem auch auf strukturierte Clinician und Medical Scientist Programme (CS4RARE). Diese ermöglichen den Teilnehmenden geschützte Forschungszeiten, in denen sie von klinischen Aufgaben freigestellt wissenschaftliche Projekte zu Seltenen Erkrankungen vorantreiben können.

Lieber Herr Dr. Köhne, Sie sind für das Junior Clinician Scientist-Programm der Alliance4Rare, gefördert von der Eva Luise und Horst Köhler Stiftung und der Berliner Sparkassenstiftung Medizin ausgewählt worden. Was hat Sie motiviert, diesen besonderen Weg in Wissenschaft und Klinik einzuschlagen?

Der Umgang mit Patientinnen und Patienten mit Seltenen Erkrankungen und ihren Familien ist insbesondere im universitätsmedizinischen Setting ein häufiges Thema. Hier stößt man immer wieder auf Unsicherheiten und Ängste, die mit der Diagnose einer wenig erforschten Erkrankung einhergehen. Sowohl für die Verbesserung der therapeutischen Ansätze als auch für eine sinnvolle Beratung der Eltern brauchen wir eine gut geförderte Forschung im Bereich der Seltenen bis sehr Seltenen Erkrankungen.

Die Kombination aus klinischer Arbeit und Forschung finde ich sehr reizvoll und interessant. Als Brücke von der experimentellen Grundlagenforschung zu den Patientinnen und Patienten im Sinne eines translationalen Ansatzes ist sie aus meiner Sicht von grundlegender Bedeutung. Bei der heutigen Geschwindigkeit der wissenschaftlichen Entwicklung entstehen ständig neue Erkenntnisse und Möglichkeiten, die zu einer Verbesserung der Gesundheitsversorgung führen können. Damit diese erforscht werden und dann auch bei den Betroffenen ankommen, brauchen wir mehr Clinician Scientists-Programme wie dieses.

Woran arbeiten Sie momentan und was möchten Sie im Bereich der Seltenen Erkrankungen erreichen?  

Ich arbeite an einem Forschungsprojekt zu einer bisher sehr seltenen neurodegenerativen Erkrankung namens NEDAMSS, die durch Mutationen im IRF2BPL-Gen verursacht wird. Die Erkrankung zeigt bereits heute ein breites klinisches Spektrum von leichten Entwicklungsstörungen bis hin zu schwerer Neurodegeneration mit epileptischer Enzephalopathie mit Entwicklungsverzögerungen, Bewegungsstörungen, irregulären Augenbewegungen und vor allem Sprachverlust.  Derzeit gibt es außer der Genetik keine diagnostischen Möglichkeiten zur Früherkennung der Erkrankung. Besonders belastend für die Betroffenen und ihre Familien ist, dass nach der Diagnosestellung nicht gesagt werden kann, wann die Verschlechterung eintritt. Da es sich bei den IRF2BPL-assoziierten Erkrankungen um neu entdeckte und sehr seltene Erkrankungen handelt, sind die molekularen Mechanismen der Pathogenese und die Zusammenhänge zwischen der genetischen Veränderung (Genotyp) und dem Krankheitsverlauf noch nicht erforscht.

In einem vereinten Ansatz unserer klinischen und stammzellbasierten Forschung in der Arbeitsgruppe von Dr. Jakob Johannes Metzger und Dr. Pawel Lisowski am Max-Delbrück-Centrum Berlin wollen wir einerseits den natürlichen Verlauf der Erkrankung besser verstehen und andererseits die Mechanismen der Krankheitsentstehung auf molekularer Ebene entschlüsseln. Gelingt es uns, die Auswirkungen von Genveränderungen im Labor positiv zu beeinflussen, benötigen wir für klinische Studien eine genaue Beschreibung des Krankheitsverlaufs. Hier müssen Krankheitsmerkmale definiert werden, die durch Medikamente positiv beeinflusst werden können. Durch diesen parallelen Ansatz erhoffen wir uns einen schnelleren Erkenntnisgewinn, um den Patientinnen und Patienten möglichst bald helfen zu können.

Welche Möglichkeiten eröffnet Ihnen die Förderung durch die Alliance4Rare im Arbeitsalltag, die Sie sonst nicht hätten?

Der klinische Alltag der ärztlichen Tätigkeit ist fordernd und intensiv. Eine zusätzliche Forschungstätigkeit geht oft zu Lasten von Zeit für Familie, Freunde und Erholung. Durch die Förderung der Alliance4Rare kann mehr Zeit für die Forschung geschaffen und solche Projekte überhaupt erst ermöglicht werden. Denn meist ist es nicht mangelnde Motivation, sondern fehlende Zeit und Möglichkeiten, die von klinischer Forschung abhalten. Diese Hürde wurde für mich durch die Förderung der Alliance4Rare gesenkt, wofür ich sehr dankbar bin.

Darüber hinaus bietet mir die Teilnahme an diesem Förderprogramm die Möglichkeit, mich mit anderen Forschenden auszutauschen, was eine große Bereicherung an Erfahrung und Wissen bedeutet.

Dr. Steffen Köhne stammt aus Hamburg und hat an der Georg-August-Universität Göttingen Humanmedizin studiert. Im Rahmen einer experimentellen Doktorarbeit in der Kardiologie Göttingen hat er sich mit der Forschung an stammzellbasierten Kardiomyozyten sowie kardialen Fibroblasten befasst. Die Ausbildung zum Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin in der Pädiatrie der Universitätsmedizin Göttingen schließt Dr. Köhne voraussichtlich Ende 2024 ab und beginnt im Anschluss die Fachweiterbildung für Kindergastroenterologie.

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